Impressionen DDR-Ausstellung

Am Freitag, den 12. Februar 2010, wurde die Heinrich-Emanuel-Merck-Schule in Darmstadt, Schauplatz einer Zeitreise in die Deutsche Demokratische Republik (DDR). In der Zeit von 09.00 bis 13.00 Uhr präsentierte die Klasse 13d des Beruflichen Gymnasiums, unter dem Motto „Das Leben in der DDR“ Arbeitsergebnisse aus dem Geschichtsunterricht. Unter Leitung von Frau Wonder (Geschichtslehrerin der Klasse) erarbeiteten kleine Schülergruppen mit je 2-3 Schülern im Vorfeld folgende Themen:
 

An den 6 Informationsständen konnten die Besucher einen kleinen Einblick in die Deutsche Demokratische Republik erlangen. Abgerundet wurde der Besuch durch den Verkaufsstand, an dem typische „DDR-Leckereien“, wie zum Beispiel Bienenstich, Käsekuchen und „Crixx“ zum Kauf angeboten wurden. Auch konnte man hier Lose erwerben um an einem „DDR-Gewinnspiel“ teilzunehmen. Verlost wurden unter anderem eine DDR-Fahne (150 auf 300 cm), eine Flasche Rotkäppchen Sekt, sowie mehrere Packungen „Crixx“. Natürlich alles „Made in DDR“. Alle Erlöse aus dem Kuchen- und Losverkauf gingen übrigens an den Abiturjahrgang und leisten somit einen kleinen Beitrag zur Abiturfeier 2010.

Nachdem die einzelnen Informationsstände und der Verkaufsstand eingerichtet waren, konnten die ersten Besucher kommen. Insgesamt 8 Gruppen hatten sich im Vorfeld für eine Führung angemeldet. Doch schnell wurde klar, dass das Interesse an der Ausstellung doch größer war, als gedacht. Spontan kamen immer mehr Klassen sowie einzelne Schüler und Lehrer und fragten nach einer Führung durch die Ausstellung.


Nach einer kleinen Einführung in die Thematik der DDR wurden die Gruppen zu den einzelnen Informationsständen geführt. Hier präsentierten die einzelnen Gruppen ihre Arbeitsergebnisse in Form eines kleinen Vortrages:

Als erstes bekamen die Besucher einen kleinen Einblick in das Wirtschaftssystem der DDR. Die Ökonomie der Deutschen Demokratischen Republik war geprägt von Zentralisierung, Planung, Kontrolle und Subventionen, weshalb man auch von der sogenannten Planwirtschaft spricht. Diese sorgte zwar für ein stabiles Preisniveau, günstige Wohnungen und Nahrungsmittel, sowie für eine geringe Arbeitslosigkeit, hatte jedoch auch einige Nachteile. So gab es zum Beispiel keinen Wettbewerb, kaum technische Fortschritte, keine Wirtschaftspartner und eine nur geringe Produktauswahl. Der fehlende Wettbewerb und die Abkopplung vom Weltmarkt, sowie die staatlich-zentrale Lenkung schufen eine Produktionsstruktur, die einerseits einen hohen Anteil des Industriesektors mit geringem Spezialisierungsgrad aufwies und andererseits durch ein Produkt- und Dienstleistungsangebot gekennzeichnet war, das den Konsumentenwünschen nicht entsprach. Diese statische Produktionsstruktur vergeudete die knappen Ressourcen unnötig. Lieferengpässe, Fehlzeiten sowie die Überbesetzung von Arbeitsplätzen führten zu einer sehr geringen Arbeitsproduktivität. Die veralteten Produktionsanlagen konnten mit den westlichen Technologien nicht konkurrieren. So waren „DDR-Produkte“ weder preislich noch qualitativ wettbewerbsfähig.

Nach dieser kurzen Einführung in die Wirtschaft, widmeten sich die Besuchergruppen der Erziehung von Kindern und Jugendlichen. Diese begann in der DDR mit dem Besuch der Kinderkrippe. Hier wurden Kinder im Alter von wenigen Wochen bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ganztägig (von 6 - 19 Uhr) betreut und erzogen. So war es den Eltern möglich, bereits wenige Wochen nach der Geburt ihres Kindes, wieder arbeiten zu können. Nach dem dritten Lebensjahr besuchten die kleinen DDR-Bürger für weitere vier Jahre den Kindergarten. Anschließend erfolgte der Eintritt in das Schulsystem, das neben der Wissensvermittlung die Aufgabe der politisch-ideologischen Erziehung hatte. Die Polytechnische Oberschule (POS) stellte dabei den grundlegenden Schultyp der DDR dar. Die POS gliederte sich in drei Stufen:

  • die Unterstufe (1. - 3. Klasse),
  • die Mittelstufe (4. - 6. Klasse), in der ab der 5. Klasse
    Russisch als Fremdsprache gelehrt wurde, und
  • die Oberstufe (7. - 10. Klasse).

Zum Abschluss des 10. Schuljahres fanden Abschlussprüfungen in Russisch, Deutsch, Mathematik und einer Naturwissenschaft, sowie eine Sportprüfung und 2 - 5 mündlichen Prüfungen statt (entspricht dem heutigen Realschulabschluss). Dieser Abschluss berechtigte zur Aufnahme einer Berufsausbildung sowie zum Studium an einer Fachschule. Für die Zulassung zur EOS (Erweiterte Oberschule) waren die Kenntnis einer zweiten Fremdsprache, der Berufswunsch, eine gewisse politische „Zuverlässigkeit“ und die soziale Herkunft der Eltern entscheidend. Wurde man zur EOS zugelassen, so konnte man hier innerhalb von 2 Jahren das Abitur absolvieren. Anschließend war man berechtigt an einer der Hochschulen beziehungsweise Universitäten zu studieren. Doch bevor man sein Studium antreten durfte mussten alle männlichen Bürger ab 18 Jahren ihren Wehrdienst ableisten. Dieser dauerte 18 Monate und konnte entweder bei derNationalen Volksarmee (NVA) oder bei der Bereitschaftspolizei absolviert werden

An dem dritten Stand der Ausstellung erfuhren die Besucher einiges rund um das Thema Sport und Freizeit. Der Sport in der DDR wurde von der SED sehr intensiv gefördert. Vor allem die olympischen Sportarten waren im Fokus der Sportförderung.
Die DDR sollte durch Spitzenergebnisse im Leistungssport an internationalem
Ansehen gewinnen. Es gab zahlreiche Sportgruppen und Sportvereine, in denen die Mitgliedschaft zumeist kostenlos oder nahezu kostenlos war. So gab es beispielsweise Betriebssportgemeinschaften (BSG) und Schulsportgemeinschaften (SSG). Daneben gab es Motorsportgemeinschaften und Wehrsportgruppen der Gesellschaft für Sport und Technik (GST), sowie zahlreiche eigens der Leistungssportförderung gewidmete Kinder- und Jugendsportschulen, sowie eine Hochschule (Leipziger Deutsche Hochschule für Körperkultur). Die Kinder und Jugendlichen der DDR wurden schon früh zu sportlichen Höchstleistungen angeregt. Der Schulsport wurde so gestaltet, dass die Entdeckung neuer Talente im Vordergrund stand. Wurde ein neues Talent entdeckt, so wurde es in einen der zahlreichen Sportclubs aufgenommen. Die in diesen speziell geförderten DDR-Sportler stellten eine überproportionale Zahl von Europa und Weltrekorden auf. Außerdem gewannen
DDR-Sportler insgesamt 755 Olympiamedaillen (davon 203 Goldmedaillen). Vor allem im Schwimmen, in den Wintersportarten, im Radsport, in der Leichtathletik und im Gewichtheben konnte die DDR große Erfolge verbuchen. Die SED förderte den Spitzensport unter anderem so intensiv, um durch die Erfolge das Selbstbewusstsein der DDR-Einwohner zu stärken, internationales Prestige zu gewinnen und die Überlegenheit des Sozialismus zu demonstrieren. Für diese sportlichen Erfolge wurden jedoch auch gesundheitliche Dauerschäden in Kauf genommen: DDR-Leistungssportler wurden im Rahmen eines staatlich organisierten Dopingprogramms teilweise ohne ihr Wissen von Trainern und Sportärzten gedopt, was zum Teil zu schweren Dauerschäden führte. Bei Doping-Kontrollen fiel die DDR jedoch nicht häufiger als andere Länder auf.

 

Nach diesem Einblick in den Sport, ging es als nächstes um das Thema Urlaub und Reisen. Grundsätzlich waren alle Arten des Reisens innerhalb und außerhalb der DDR möglich, wobei die Reisefreiheit jedoch eingeschränkt war. Je nach finanziellen Mitteln konnten die DDR-Bürger mit dem Auto, der Bahn oder dem Flugzeug verreisen. Jugendliche nutzten häufig die Möglichkeit des Trampens, das offiziell verboten war, um sich möglichst kostengünstig fortzubewegen. Typisch für die DDR wurde das Campen im eigenen Land. Gab es 1954 nur rund 10.000 Camper, so waren es 1979 bereits über 500.000. Wer nicht campen wollte und das nötige Kleingeld besaß, hatte die Möglichkeit zu einer Reise in das sozialistische Ausland.Für die meisten DDR-Bürger war der Urlaub im sozialistischen Ausland die einzige Möglichkeit des Urlaubs außerhalb der DDR. Das breitere Angebot vonKonsumgütern und die unkomplizierte Art des Zusammenlebens machten Ungarn, Polen und die CSSR zu begehrten Urlaubszielen. Reisen nach Kuba oder Jugoslawien waren nur für wenige Privilegierte bestimmt, denn eine Fahrt über den Ozean oder eine offene Grenze erleichterten die Republikflucht. Ein weiteres beliebtes Reiseziel war der Westen. Problem hierbei war jedoch die häufige Republikflucht. Über 2,6 Mio. DDR-Bürger nutzten eine Reise ins Ausland, um aus der Deutschen Demokratischen Republik zu flüchten. Die DDR befürchtete einen Arbeitskräftemangel, da etwa zwei Drittel der Flüchtlinge berufstätig waren. Um sich gegenüber einer Flucht abzusichern wurde ein Gesetz erlassen, das besagt, dass mindestens ein Familienmitglied von Reisenden in der DDR verbleiben muss. Dieses Gesetz diente als Druckmittel, damit die Reisenden wieder in die DDR zurückkommen. Ein Wiedersehen mit den Angehörigen nach einer Republikflucht war fast unmöglich, da ein Flüchtling nicht in die DDR zurückkehren konnte. Aber auch für „Nicht-DDR-Bürger“ wurden Reiseziele errichtet. So wurde 1965 die Hotelkette Interhotel gegründet. Ihre Hotels zählten zu den Unterkünften der gehobenen Klasse. Die Fünf-Sterne-Häuser waren weitgehend für Besucher aus den „nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet“ gedacht. Die Vier-Sterne-Häuser hingegen waren für Gäste aus der Sowjetunion vorgesehen.

 

Als nächstes stellte sich die Gruppe, die sich mit dem Thema Stadtentwicklung beschäftigt hatte, vor. Die Besucher bekamen eine kurze Einführung in die Infrastruktur der DDR: Typisch für die Infrastruktur des SED-Staats waren die sogenannten Transitstrecken. Diese verbanden die BRD mit West-Berlin. Sie führten durch das gesamte Gebiet der DDR um Berlin ökonomisch zu versorgen. BRDBürger durften sie keinesfalls verlassen und nicht darauf anhalten. Ebenfalls typisch war das Schienennetz der DR (Deutsche Reichsbahn). Eine Zugfahrt war zwar sehr günstig (8 Pfg./km), dauerte jedoch auch sehr lange. Viele Strecken waren nur eingleisig ausgebaut und die Züge erreichten eine Höchstgeschwindigkeit von nur rund 120 km/h. Des Weiteren ist die DDR für ihren Rundfunk und die Medien bekannt gewesen. Es gab insgesamt 2 staatliche Institutionen. Diese waren für die Radio und Fernsehprogramme der DDR zuständig und erstellten ein Medienprogramm, das stark an die Anforderungen der SED angepasst war. Der Empfang von „West-Sendern“ war in der DDR offiziell nicht verboten. Zufällig Ertappte bekamen dennoch Schwierigkeiten. Um DDR-Bürger den Empfang dieser Sender zu erschweren wurden viele „West-Sender“ durch Störsender gestört. Nach dieser kleinen Einführung konnten die einzelnen Besuchergruppen an einem Laptop erfahren, wie DDR-Bürger ihren Alltag gestalteten: Bei einem „Virtuellen Besuch in der DDR“ konnte man einen Rundgang durch eine typische Plattenbauwohnung starten. Der Plattenbau war in der Deutschen Demokratischen Republik sehr verbreitet. Circa 40 Prozent aller Häuser wurden so gebaut, da stets Wohnungsmangel herrschte. Attraktiv wurden diese Wohnung jedoch vor allem durch die niedrigen Mieten, die durch sehr hohe Staatssubventionen möglich waren. Der Plattenbau bot aber weitere Vorteile. So konnten zum Beispiel die Einzelteile wetterunabhängig in Fabriken montiert werden und mussten auf der Baustelle nur miteinander verbunden werden. Auch war eine strenge Qualitätsprüfung möglich. Natürlich gab es aber auch Nachteile, die dieseBauweise hervorrief. So musste die gesamte Planung, auch die Planung der Haustechnik vor der Fertigung der Einzelteile liegen, da Leerrohre, Dosen für die Elektroinstallation usw. in das Fertigteil einbetoniert werden mussten. Außerdem entstanden sehr hohe Baukosten, insbesondere durch teure Stahlbetonwände und hohe Transportkosten zu den Baustellen. Auch die geringe individuelle Gestaltungsmöglichkeit der Wohnung stellte für viele Bewohner einen Nachteil dar.

 

Als letztes wurden die Besuchergruppen zum Stand „Konsumwelt“ geführt. Hier zeigten zwei Schülerinnen typische DDR-Produkte und berichteten von deren Preisen. Von A wie Aromatique (Kräuterlikör), über H wie Halloren-Kugeln bis Z wie Zettiplätzchen. Das ABC der DDR-Produkte war lang. Viele Erzeugnisse waren heiß begehrt und damit oft „Bückware“, andere lagen wie verstaubtes Blei als Ladenhüter in den Regalen. Und es gab eine dritte Kategorie mit den sogenannten Exportwaren. Was im eigenen Land alles an Konsumgütern hergestellt wurde, darüber staunten nicht wenige DDR-Bürger. Auf der Leipziger Messes sahen sie, wie praktisch und formschön beispielsweise Küchen "Made in DDR" sein konnten. Sie waren überrascht vom „Schick“ der Schuhe und Taschen und von der Auswahl an Geschirr.
Aber in allen Bereichen galt: die Auswahl war überschaubar und die Qualität der Produkte ließ oft zu wünschen übrig. Das bis heute wohl bekannteste Produkt der DDR ist, abgesehen vom Sandmännchen, der ab 1957 gefertigte Trabant des Herstellers VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau. Zwischen 1957 und 1991 wurden in Zwickau insgesamt rund 3 Mio. Fahrzeuge der Trabant-Baureihe produziert. Viele Fahrzeuge wurden zu DDR-Zeiten in die CSSR, nach Polen und vor allem Ungarn exportiert. Zu Beginn seiner Produktion wurde der Trabant noch als ostdeutscher „Volks“-Wagen gefeiert und galt für viele Familien mit mittlerem Einkommen als Einstieg in die automobile Welt, da er nur rund 12000 Mark kostete (10 Monatsgehälter eines Ingenieurs). Als eine Weiterentwicklung des Trabant jedoch ausblieb, wandelte sich das Bild: Der Wagen wurde zum Sinnbild für die stagnierende Wirtschaft der DDR und für die Verbohrtheit der politischen Führung, die ein neues Modell offensichtlich verhinderte. Preislich gesehen waren DDR-Produkte echte Schnäppchen. Vor allem Lebensmittel waren auf Grund von hohen Staatssubventionen sehr günstig. So kostete zum Beispiel ein Brötchen 5 Pfennig, eine Flasche Bier 48 Pfennig, und ein 3 Pfund Brot nur rund 90 Pfennig.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wohl nicht nur die Klasse, die dieses Projekt auf die Beine gestellt hat, eine Menge über die DDR gelernt hat. Jeder einzelne Besucher dürfte wohl neue Dinge erfahren haben, die ihm vorher nicht bekannt waren. Die Meinungen zu der Ausstellung waren durchweg sehr positiv. Schülern und Lehrern haben vor allem die vielen Ausstellungsstücke zum Anschauen und Anfassen und die sehr gute Organisation gelobt. Herr Huber (Englischlehrer) sprach sogar von der besten von Schülern organisierten Ausstellung, die er in seiner gesamten Schullaufbahn gesehen hat. Die vielen leckeren „DDR-Kuchen“ und die Verlosung der DDR-Produkte rundeten den durchaus gelungenen Tag ab.

 

 

Fynn Ristau, BG 13d

 


 

 

 

Danke für Euer gelungenes Projekt!

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